#StopKillingGames ist längst mehr als nur ein Hashtag – er steht für die wachsende Frustration von Spielern, deren digitale Spiele plötzlich unspielbar werden. Immer wieder verschwinden Online-Games oder digitale Lizenztitel von Plattformen, obwohl Nutzer dafür bezahlt haben und sich als Eigentümer fühlen. Das Problem: In der digitalen Welt kauft man in der Regel kein echtes Eigentum, sondern lediglich ein Nutzungsrecht, das von Serverbetrieb, Updates und Plattformen abhängig ist. Diese Entwicklung wirft wichtige Fragen auf: Was bedeutet Besitz in Zeiten von Games-on-Demand? Und wie fair ist es, wenn ein Produkt, für das man gezahlt hat, plötzlich nicht mehr zugänglich ist? Unter #StopKillingGames diskutiert die Community weltweit über digitale Rechte und die Grenzen des heutigen Gaming-Modells.
Die Entstehung des Hashtags #stopkillinggames
Der Hashtag #StopKillingGames entstand als Reaktion auf die wachsende Frustration von Gamern, deren Online-Spiele oder digitale Lizenz-Titel plötzlich nicht mehr spielbar waren. Die Bewegung richtet sich gegen die Praxis vieler Publisher, Spiele nach einer gewissen Zeit abzuschalten – oft aus wirtschaftlichen Gründen – und damit Käufern den Zugriff auf Produkte zu verwehren, die sie zuvor bezahlt haben.
Die Community kritisiert vor allem, dass moderne Spiele zunehmend auf Serverabhängigkeit setzen und dass digitale Lizenzen nicht dem klassischen Eigentumsbegriff entsprechen.
Unter #StopKillingGames diskutieren Spieler weltweit über diese Problematik und fordern fairere Lösungen, beispielsweise Offline-Modi, Community-Server und eine bessere Kommunikation der Publisher.
Beispiele für abgeschaltete Spiele
- The Crew (Ubisoft, 2014–2024)
Ein Open-World-Rennspiel, das nach fast 10 Jahren abgeschaltet wurde, weil Ubisoft die Server deaktivierte. Spieler, die das Spiel gekauft hatten, konnten es nicht mehr spielen. Die #StopKillingGames-Kampagne griff diesen Fall auf. Eine Community-Modifikation namens The Crew Unlimited ermöglicht nun zumindest ein Offline-Spiel. - Anthem (BioWare/EA, 2019–2021)
Ein Action-RPG mit Online-Fokus, das trotz hoher Verkaufszahlen und Investitionen von EA nach nur zwei Jahren die Server abschaltete, weil die Spielerzahlen hinter den Erwartungen lagen. Käufer verloren damit den Zugriff auf das Hauptspiel. - Paragon (Epic Games, 2016–2018)
Ein MOBA-Spiel, das Epic nach zwei Jahren einstellte, um sich vollständig auf Fortnite zu konzentrieren. Viele Spieler hatten Skins und Ingame-Inhalte gekauft, die durch die Abschaltung nutzlos wurden. - Babylon’s Fall (Square Enix/PlatinumGames, 2022–2023)
Ein Live-Service-Action-Spiel, das nach nur einem Jahr aufgrund niedriger Spielerzahlen abgeschaltet wurde. Käufer konnten das Spiel trotz voller Preiszahlung nicht mehr spielen. - Marvel’s Avengers (Crystal Dynamics/Square Enix, 2020–2023)
Ein Superhelden-Action-Spiel mit Online-Elementen, das nach drei Jahren die Server deaktivierte. Spieler verloren den Multiplayer-Zugang und Updates, obwohl das Spiel millionenfach verkauft wurde. - Evolve (Turtle Rock Studios/2K, 2015–2018)
Ein asymmetrisches Multiplayer-Spiel, das nach drei Jahren eingestellt wurde. Trotz kommerziellem Misserfolg fühlten sich Käufer durch den Verlust ihrer Investitionen betrogen.
Diese Beispiele zeigen, dass das Problem kein Einzelfall ist: Selbst Spiele mit grossen Budgets oder physischen Versionen sind von plötzlicher Unspielbarkeit betroffen. Die #StopKillingGames-Bewegung verdeutlicht, dass immer mehr Spieler ein Recht auf dauerhaften Zugang und fairere Lizenz-Bedingungen fordern.
Physische Kopie ≠ Eigentum
Viele Spieler gehen noch immer davon aus, dass sie ein Spiel besitzen, sobald sie dafür bezahlt haben – besonders, wenn es sich um eine physische Version handelt. Doch die Realität sieht anders aus: Selbst eine Disc garantiert kein echtes Eigentum, wenn der Kern des Spiels auf Online-Servern läuft.
Ein anschauliches Beispiel ist Anthem: Ich habe das Spiel 2019 als physische Version im Laden gekauft und damals 59,99 € dafür bezahlt. Für mich war klar: Das Spiel gehört mir. Doch schon zwei Jahre später schaltete BioWare/EA die Server ab. Plötzlich war der Zugang zu allen wesentlichen Spielinhalten weg – egal, dass die Disc noch im Regal lag.
Tatsächlich erlaubt sich EA in den Lizenzbedingungen offiziell, den Serverbetrieb nach Mitteilung an die Spieler einzustellen. Praktisch bedeutet das: Selbst physische Käufer verlieren ihr Nutzungsrecht, und ein Eigentum existiert nicht.
Dieses Beispiel zeigt klar das Dilemma digitaler Spiele: Kaufen ≠ Besitzen. Spieler zahlen für ein Produkt, das sie technisch nur nutzen dürfen, solange die Infrastruktur des Publishers aktiv bleibt. Das Gefühl, ein dauerhaftes Eigentum zu haben, trifft in der digitalen Realität nicht zu – egal ob Disc oder digitale Lizenz.
Nutzungsrechte und Lizenzbedingungen bei (Online)-Spielen
Das zentrale Problem bei modernen Spielen liegt in den Lizenzbedingungen, die beim Kauf akzeptiert werden müssen. Ob physische Disc oder digitale Version – die meisten Publisher verkaufen nicht das Spiel selbst, sondern lediglich ein Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht regelt, wie, wann und unter welchen Bedingungen das Spiel genutzt werden darf.
Wenn ich mir heute die Hülle von Athem anschaue, finde ich da im Kleingedruckten auf der Rückseite auch einen passenden Hinweis: „… kann das Spiel mit einer Frist von 30 Tagen nach entsprechender Mitteilung an den Nutzer einstellen.“
Digitale Lizenz statt Eigentum
Bei digitalen Spielen, insbesondere Games-on-Demand, erwirbt der Käufer nur die Lizenz, das Spiel zu nutzen. Der Publisher behält sich sämtliche Rechte vor:
- Serverabhängigkeit: Viele Online-Spiele funktionieren nur mit laufenden Servern. Ist der Server abgeschaltet, erlischt automatisch das Nutzungsrecht.
- Updates und Inhalte: Publisher können Updates, DLCs oder Online-Events jederzeit einstellen. Spieler verlieren den Zugriff, selbst wenn sie dafür bezahlt haben.
- Kündigung und Abschaltung: Lizenzbedingungen enthalten oft Klauseln, die es Publishern erlauben, den Betrieb zu beenden oder Zugriffe einzuschränken, teilweise mit oder ohne Vorankündigung.
Physische Kopien unterliegen denselben Lizenzbedingungen. Die Disc oder Cartridge ist zwar greifbar, das Eigentum am Spiel selbst wird dadurch aber nicht übertragen. Publisher können weiterhin entscheiden, dass Server abgeschaltet werden, wodurch zentrale Spielinhalte unzugänglich werden. Die physische Kopie garantiert lediglich, dass der Käufer die Software starten könnte – sofern die Online-Komponenten verfügbar sind.
Rechtliche Konsequenz
-
Spieler haben kein gesetzliches Recht auf dauerhaften Zugriff, wenn die Lizenz dies nicht ausdrücklich vorsieht.
-
Rückerstattungen sind meist ausgeschlossen, ausser in klar definierten Ausnahmefällen (z. B. Fehlkäufe, rechtlich fragwürdige Praktiken).
-
Einige Plattformen oder Publisher versuchen mittlerweile, mehr Transparenz zu schaffen, z. B. durch Offline-Modi oder Emulation älterer Spiele, aber dies ist nach wie vor die Ausnahme.
Die Lizenzbedingungen machen also klar: Ein Spiel gehört dir nie wirklich, sondern du erwirbst lediglich das Recht, es unter den vom Publisher definierten Bedingungen zu nutzen. Dieses System sorgt für Konflikte zwischen Spielerwartungen und rechtlicher Realität – und bildet den Kern der Diskussion unter #StopKillingGames.
Technische Hintergründe und die Sicht der Entwickler/Publisher
Aus der Perspektive von Publishern und Entwicklern ist die Abschaltung von Online-Spielen oft eine wirtschaftlich notwendige Entscheidung. Online-Games benötigen kontinuierlich Serverinfrastruktur, Updates und Support, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Wenn die Spielerzahlen sinken oder ein Spiel nicht mehr die erwarteten Einnahmen generiert, werden diese Kosten nicht mehr gerechtfertigt.
- Serverbetrieb: Online-Spiele sind auf stabile Server angewiesen. Die Wartung, Sicherheitsupdates und laufende Serverkosten summieren sich über Jahre.
- Wirtschaftliche Entscheidung: Viele Spiele laufen nur solange, wie sie profitabel sind. Wenn sich der Aufwand nicht mehr lohnt, werden Server abgeschaltet.
- Ressourcenallokation: Entwicklerteams und Budget werden häufig auf neue Projekte oder erfolgreiche Titel (Beispiel Fortnite) umgeleitet. Alte Spiele werden also teilweise zugunsten neuer Entwicklungen eingestellt.
- Rechtliche Absicherung: Lizenzbedingungen erlauben den Publishern, den Zugriff einzuschränken oder Server abzuschalten, ohne dass Käufer Anspruch auf Rückerstattung haben. Dies schützt sie vor rechtlichen Konsequenzen, wenn ein Spiel eingestellt wird.
Publisher argumentieren also nicht aus reiner Gleichgültigkeit, sondern aus wirtschaftlicher und technischer Notwendigkeit. Gleichzeitig ist ihnen bewusst, dass Spieler frustriert sind – deshalb versuchen einige Studios, Community-Lösungen zuzulassen, wie z. B. Offline-Modi, private Server oder Tools, mit denen Fans ältere Spiele weiter spielen können.
Dieses Spannungsfeld zwischen Kosten, Technik und Spielererwartungen erklärt, warum Spiele abgeschaltet werden – auch wenn es aus Sicht der Gamer unfair erscheint. Die #StopKillingGames-Bewegung zeigt, dass eine bessere Balance zwischen Publisher-Interessen und Spielerrechten gefordert wird.
#StopKillingGames: Was wäre die gewünschte Alternative?
Die Frage nach Alternativen zu abgeschalteten Spielen ist eng mit der Sicht der Entwickler und Publisher verbunden. Während Spieler verständlicherweise dauerhaften Zugriff auf ihre Spiele fordern, steht für Studios die wirtschaftliche Realität im Vordergrund: Serverbetrieb, Updates, Sicherheit und Support kosten Geld – und nicht jedes Studio kann diese Kosten über Jahre tragen.
Eine übergreifende rechtliche Regelung, die allen Spielen ein Recht auf dauerhaften Zugriff zuspricht, würde besonders kleine und mittlere Entwickler stark belasten. Sie müssten selbst bei geringen Spielerzahlen und sinkenden Einnahmen weiterhin Server betreiben, was wirtschaftlich kaum machbar ist. Gleichzeitig würden grosse Publisher, die ohnehin über Ressourcen verfügen, noch stärker im Markt dominieren – kleinere Studios hätten also noch weniger Chancen, erfolgreich zu sein.
Lösungen, die für beide Seiten halbwegs fair wären, könnten zum Beispiel sein:
- Offline-Modi: Spiele, die ursprünglich online-orientiert sind, können teilweise so angepasst werden, dass sie auch ohne Server spielbar bleiben. Das ermöglicht Fans zumindest einen Teil des Spielerlebnisses weiterhin.
- Private Server: Einige Entwickler veröffentlichen die Server-Software oder erlauben privaten Betrieb. Dadurch können Spieler oder Community-Gruppen das Spiel eigenständig weiterführen.
- Fan-Tools und Emulation: In manchen Fällen entwickeln Spieler eigene Tools, die es erlauben, alte Spiele zu nutzen, sobald die offiziellen Server abgeschaltet werden. Beispiele sind Mods, Emulatoren oder Projekte, die Serverfunktionen nachbilden.
Diese Ansätze zeigen: Auch ohne rechtlich verpflichtende Vorgaben wäre ein Kompromiss zwischen Spielerinteressen und wirtschaftlicher Realität möglich. Kleinere Studios werden dadurch nicht überfordert, gleichzeitig erhalten Fans Wege, ihre Spiele weiter zu nutzen.
Community-Lösungen: Beispiel private Server
Eine der Alternativen, die einige (wenige) Entwickler anbieten, ist es, die Server-Software oder Teile des Codes für die Community zugänglich zu machen. Damit können engagierte Spieler oder sogenannte Modder das Spiel auf eigenen, privaten Servern weiter betreiben, auch nachdem die offiziellen Server abgeschaltet wurden.
Ein klassisches Beispiel ist City of Heroes, ein MMORPG, das von NCSoft 2012 eingestellt wurde. Obwohl die offiziellen Server abgeschaltet wurden, stellte die Community eigene private Server auf die Beine, die das Spiel inoffiziell weiterlaufen liessen. Die Entwickler stellten zwar nicht den kompletten Code zur Verfügung, aber durch Reverse Engineering, Modifikationen und teilweise bereitgestellte Tools konnten Fans den Serverbetrieb simulieren und das Spiel spielbar halten.
Das Prinzip dahinter ähnelt Open-Source: Teile der Software werden für die Community zugänglich gemacht, sodass sie verantwortlich und selbstständig ältere Spiele weiterführen können. Anders als klassische Open-Source-Projekte bleibt das Eigentum beim Publisher, aber die Community erhält praktische Nutzungsrechte, um das Spiel zu erhalten und weiterzuspielen.
Kernbotschaft und Fazit zu #stopkillinggames
Die Kernbotschaft der Bewegung ist: „Kauf ≠ verlorenes Spiel“. Spieler möchten die Investition in ihre Spiele nicht verlieren, selbst wenn Online-Komponenten abgeschaltet werden.
Gleichzeitig zeigen die vorgeschlagenen Lösungen, dass es durchaus Wege gibt, fair und technisch machbar einen Kompromiss zu finden. Offline-Modi, private Server oder Community-Tools ermöglichen es, dass Spieler weiter spielen können, ohne dass Entwickler dauerhaft hohe Kosten tragen müssen.
#StopKillingGames macht damit deutlich, dass digitale Rechte und Nutzungsrechte neu gedacht werden müssen – und dass es eigentlich möglich wäre, eine Balance zwischen wirtschaftlicher Machbarkeit und Spielerzufriedenheit herzustellen.