Wie ist der Stand der Digitalisierung in der Schweiz? Während viele Kantone in die zielgerichtete Förderung investieren, kommt es bei anderen offenbar immer wieder zu Rückschlägen. Wir wagen einen nationalen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und Trends.
Schweizer Strategien zur Digitalisierung
Der Kanton St. Gallen ging vor einiger Zeit mit gutem Beispiel voran. Anfang des zweiten Quartals 2020 veröffentlichte er eine IKT-Strategie (Strategie für die Internet- und Kommunikationstechnik). Zum einen diente dieses Regelwerk zum Schutz vor Cyberrisiken, zum anderen befasste es sich jedoch auch mit der Digitalisierung im allgemeinen. Schon seinerzeit erkannte man: die Schweiz befindet sich inmitten der voranschreitenden Digitalisierung.
Die Ziele dieser Schweizer IKT-Strategie beschäftigen sich grundsätzlich mit Punkten, die bei der Digitalisierung ebenso eine ausschlaggebende Rolle spielen. Diese sind:
- Prävention sowie Resilienz im Zusammenhang mit Cyberrisiken
- Kompetenz
- adäquates Handeln
- Zusammenarbeit
- Information und Transparenz
Kompetenzzentrum für Digitalisierung in Thurgau, Schweiz
Der Schweizer Kanton Thurgau zog kurze Zeit später nach. Kürzlich verabschiedete der Regierungsrat die Strategie namens “Digitale Verwaltung”. Ziele sind unter anderem, im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung Mehrwerte in den Bereichen Wirtschaft, Bevölkerung sowie Verwaltung zu schaffen.
Besagtes Kompetenzzentrum soll bis Ende diesen Jahres eröffnet und mit drei Vollzeitstellen ausgestattet werden. Fürs kommende Jahr steht ein Budget von 300’000 Franken zur Verfügung. Allein für geplante Projekte steht noch ein Antrag auf rund 1,3 Millionen Franken.
Ähnlich wie die IKT-Strategie von St. Gallen stehen diverse To-Do’s auf der Liste, die sich mit Aufgaben innerhalb von Digitalisierung auseinandersetzen:
- kultureller Wandel
- Datenschutz sowie dessen Transparenz
- zunehmende Vernetzung
- Leistungsoptimierung
- Standardisierung, vor allem in Bezug auf technische Lösungen
- Förderung der IT-Sicherheit
Sicherheitsforscher sehen Handlungsbedarf bei Stimmzählung
Das digitale Magazin “Republik” für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in der Schweiz stellte in Zusammenarbeit mit Sicherheitsforschern eine nähere Recherche an. Dabei stellte sich heraus, dass überraschend viele Kantone in Sachen Digitalisierung offenbar doch nicht so weit sind, wie zuerst gedacht.
Dies bezog sich insbesondere auf die Verwendung veralteter und somit anfälliger Software bei der Ermittlung von Abstimmungs- sowie Wahlergebnissen.
Der Bericht “Passwort: “Wahlen”” moniert die grundsätzlich fehlende gesetzliche Regulierung. Mindestens 14 von den 26 Kantonen der Schweiz setzen so auf Software, die extrem anfällig für Angriffe von ausserhalb sind. Das hat mitunter verschiedene Gründe:
- Fehlkonfiguration von Servern
- Schwache bis komplett fehlende Verschlüsselung
- weiteres Fehlen von zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen
- einzelne Accounts mit Administrator-Recht, allerdings mit Default-Passwörtern
- teils veraltete App-Server
- Kooperation mit unbekannten Anbietern
Während der Schweizer Bund scheinbar keinen konkreten Handlungsbedarf sieht, reagierten zumindest bereits einige Kantone auf die Erkenntnisse des Magazins. Und immerhin stellte sich ebenso heraus, dass sämtliche Kantone bereits auf nachträgliche Kontrollmechanismen setzen, die eine Ergebnis-Fälschung theoretisch unmöglich machen. Weiterhin erklärten sich einige Kantone dazu bereit, in Zusammenarbeit mit “Republik” und ihren jeweiligen Software-Anbietern nähere Analysen in Sachen IT-Sicherheit anzustellen.