Bei Google boomt es: Die Software für Videokonferenzen namens “Google Meet” verzeichnet in der Corona-Krise einen derart starken Zuwachs, dass der Betreiber kurzerhand sowohl neue Funktionen einführt als auch zahlreiche Verbesserungen vornimmt. Wir schauen uns an, ob der Grosskonzern tatsächlich alles besser als die Konkurrenz macht. Ausserdem befassen wir uns einmal näher mit den Hintergründen für die unerwarteten Änderungen.
Konkurrent “Zoom” auf absteigendem Ast
Neben Microsoft Teams, Cisco oder Adobe war auch Zoom ein beliebtes Tool für Videokonferenzen. Besagter Anbieter war dem steigenden Druck aus wachsender Nutzerzahl jedoch offenbar nicht gewachsen: In vielen amerikanischen Staaten sind Video-Schulungen über Zoom inzwischen verboten. Ursache waren diverse Mankos in Sachen Datensicherheit. In unserem Artikel zur schlechten Presse für Zoom war die Rede von Server-Auslagerung, fehlender Verschlüsselung und Datenklau.
Ob Google das nun ausnutzt, um sich weiter zu stärken? Das ist nur eine Theorie. Vielleicht ist eigentliche Ursache eher die Tatsache, dass Google Meet Nutzer vermehrt Kritik an der Software geäussert haben. So hiess es beispielsweise, dass die Kachelanzeige von Konferenz-Teilnehmern recht veraltet daherkommt.
Google Meet: Vorher
Die Software ist ausschliesslich für die geschäftliche Nutzung gedacht. Nur Unternehmen, Schulen und sonstige Lehreinrichtungen dürfen sie verwenden. Für private Nutzer gibt es die Google-Alternative “Hangouts”. An dieser grundsätzlichen Einschränkung zum Nutzerkreis ändert sich auch weiterhin nichts. Für den Gebrauch von Google Meet ist die sogenannte G-Suite nötig.
Gratis war die Meet-Software demnach nicht. Allerdings ist der Google-Konzern auf die wirtschaftlichen Erschwernisse des Mittelstands eingegangen und sagt für den Zeitraum der Corona-Krise kostenlose Nutzung zu. Das allein ist ja schon mal was. Dennoch wählten bis dato viele Geschäftskunden die Konkurrenz – vor allem die Kachelansicht in Google Meet war ein Aspekt, mit dem sich einige nicht anfreunden konnten. Der Anwender musste in der Videoanzeige eifrig hin und her schieben, um immer den Sprecher im Blick zu halten und auch andere Teilnehmer nicht ganz zu ignorieren.
Google Meet: Nachher
Wie eingangs angedeutet, gibt es nicht nur grundlegende Änderungen am Tool, sondern auch zahlreiche funktionale Verbesserungen. Was genau Google so alles optimiert hat, listen wir im Nachfolgenden ausführlich auf. Auch die altbewährten Features zählen wir im Detail auf. Damit bekommen Sie einen Einblick und können selbst entscheiden, ob Meet vielleicht eine ernstzunehmende Alternative für andere Software ist.
Änderungen und Verbesserungen
- Im Vordergrund steht die Änderung an der Anzeige. Bis zu 16 Personen finden künftig gleichzeitig Platz in der Konferenz-Ansicht. Übrigens heisst das nicht nur zeitgleich, sondern auch gleich gross, ganz ohne lästiges manuelles Sortieren.
- Über den Direktzugang aus Gmail heraus nehmen Konferenten ab sofort bei Bedarf auf neuem Weg teil. Teilnahme per App oder den Browser bleiben natürlich variable Alternativen.
- Die Qualität von Bild und Ton wurde stark aufgemöbelt: Ein neuer Filter für störende Hintergrundgeräusche und automatische Licht-Anpassung sorgen für optimales Feedback.
- Das ist quasi unerlässlich für die Screen-Sharing-Option, die ebenfalls noch weiter verbessert wird.
- Über einen spezifischen Browser-Tab wird Google Meet fest in Chrome integriert.
- Wie weiter oben schon erwähnt, ist die geschäftliche Nutzung temporär kostenlos.
Features im Detail
- Kern von Google Meet bildet natürlich die Videokonferenz. Eigener Start, die eigentliche Teilnahme und Versenden von Einladungen an weitere Teilnehmer sind grundlegende Funktionen, die nicht fehlen dürfen.
- Über die Integration in den Google Kalender vergisst man keine Besprechungstermine mehr. Bei Bedarf kann man die Termine ab sofort auch unkompliziert per Mail verändern beziehungsweise Änderungsvorschläge senden.
- Innerhalb der Konferenz gibt es diverse Anpassungsmöglichkeiten. Unter anderem gibt es eine Funktion zum Anpinnen und Stummschaltung einzelner Teilnehmer.
- Ähnlich wie Konkurrent Skype bietet Meet einen eigenständigen Chat-Reiter, über den Nutzer direkte Nachrichten austauschen können.
- Auch Präsentationen sollen mit Meet ein Leichtes sein. So kann einer der Nutzer seinen eigenen Bildschirm für die Anderen anzeigen.
- Aufzeichnung und Live-Stream sind zwei weitere nicht zu verachtende Funktionen. Nie wieder Gesprächsinhalte vergessen!
- Ein nahezu unschlagbarer Aspekt ist auch die Untertitel-Anzeige. Im Zweifel verstehen spätestens damit alle Teilnehmer, was gerade gesagt wird (Voraussetzung ist natürlich die Nutzung eines Mikrofons).
- In Sachen Support ist Google ein Meister. Der Grosskonzern bietet sogar ein eigenes Schulungscenter für die G-Suite. Darin finden Anwender Tipps und Tricks in allen Belangen rund um den Umgang, aber auch weiterführende Strategien für Teamaufbau, erfolgreiche Präsentationen oder das möglichst papierlose Büro werden geboten.
- Im Vergleich zum privat nutzbaren Tool Hangouts weist Meet höhere Sicherheitsstandards auf.
- Um der Konkurrenz gleich ein Schnippchen zu schlagen, kommen entsprechende Umstellungshilfen (z.B. von Microsoft Teams auf Google Meet) einher.
Google Meet für private Nutzer?
Wie mehrfach erwähnt, ist Meet der geschäftlichen Nutzung vorbehalten. Das soll sich auch nicht ändern. Aufgrund des momentan kostenfreien Angebots haben allerdings auch viele Privatnutzer den Zugang für sich entdeckt. Insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit wollen Privatleute nicht verzichten, was durchaus nachvollziehbar ist. Nebenbei steht in Hangouts nur ein Bruchteil der nützlichen Features zur Verfügung.
Doch wie lange kann Google sich noch dagegen wehren? Nach all den Optimierungen ist es keine Vermutung mehr, dass Google sich nachhaltig von der Konkurrenz lösen und an der Spitze platzieren will. Während der Zugang zu Hangouts zweckgemäss simpel ist, gibt es in Meet wohl Hindernisse, die nur die Professionellen überwinden sollen. Gerade in Punkto Datensicherheit sollten Nutzer, egal ob privat oder geschäftlich, nicht benachteiligt werden.
“I’ve seen time and time again customers and prospects coming from other solutions that have not been able to keep up or had concerns in security and reliability.”
Dieses aktuelle Zitat stammt von Javier Soltero, Google-Vizepräsident. Demnach erlebt er immer wieder, dass Kunden von der Konkurrenz abwandern, weil diese nicht mithalten oder Bedenken hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit bestehen. Die Aussage lässt darauf schliessen, dass auch das private Hangouts in Zukunft ähnlich wie Meet Optimierungen erfährt, damit Google nicht nur im Business-Bereich konkurrenzfähig bleibt.