Auch im Internet zeigen Adblocker und die Nutzungspäferenz für werbefrei Quellen, dass dem Leser heute mit einfacher Displaywerbung nicht mehr nahe zu kommen ist. Die Erwartung an den Mehrwert, der mit publiziertem Content geboten wird, steigt mit dem überbordenden Inhaltsangebot an.
Dies hat zu Entwicklungen wie dem native Advertising geführt, bei dem versucht wird, die Aufmerksamkeit der Internetnutzer durch ein Angebot von Inhalten zu erlangen, die kaum oder nicht von den Artikeln zu unterscheiden sind, welche die Internetnutzer als Content des Mediums erkennen; es wird also so platziert, dass es primär nicht als Werbung wahrgenommen wird.
Dies führt zu Fragen nach den Standards für Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation, den unlautere Werbung ist verpönt – und somit nicht nur ethisch diskutable, sondern rechtlich sanktioniert. Von der Praxis herausgebildete Kategorien unlauterer Werbung sind insbesondere
- Unsachliche Beeinflussung der Kunden
- Ausnutzen einer Zwangslage
- Diskriminierung der Konkurrenz
- Schleichwerbung
- Irreführende Werbung
- Anlocken der Kunden
Die Lauterkeitskommission und der Presserat gaben in der Vergangenheit in der Schweiz Empfehlung für die Lauterkeit in der Werbung ab. Zu den Regeln gehören u.a. der Grundsatz der Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung. Eine deutliche Trennung zwischen redaktionellem Teil/Programm einerseits, Werbung anderseits soll demnach für die Glaubwürdigkeit der Medien unabdingbar sein. Die beiden Komplexe seien gestalterisch klar voneinander abzuheben. Bei gesponserten Berichten sei der Name des Sponsors anzugeben und die freie Themenbearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten. Redaktionelle Zusatzbeiträge als «Gegenleistung» zu bezahlter Werbung seien unzulässig. Nun schützt das Lauterkeitsrecht aber nicht die Glaubwürdigkeit der MEdien, sondern den Konsumenten vor Ireführung.
Mit zunehmender Ausdünnung der Redaktionsetats und der Schwindsucht der Werbetats lässt sich das Phänomen Auftragsproduktion aber nicht mehr vermeiden, und die wirtschafltiche Entwicklung hat der Unabhängigkeit der freischaffenden Journalisten bereits herbe Schläge versetzt. Die Unlauterkeit dieser Werbemethode liegt nun aber vor allem darin begründet, dass dem Leser dort journalistische Unabhänggkeit vorgegaukelt werde, wo bei Näherem hinsehen keine sei.
Dem muss nicht so sein, denn auch wenn das Medium nicht mehr einen generellen Beitrag zur Kostendeckung erhält, sondern einen themenbezogenen, braucht dies nicht zu bedeuten, dass eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht erfolgen konnte. Es bricht mit Grundsätzen unserer Wirtschaftsverfassung, Auftraggebern von Medienschaffenden nachgereade jede Einflussnahme auf die Themensetzung absprechen zu wollen. Natürlich wird ein Hersteller von Filtersystemen für Trinkwasser eher einen Bericht zu einem Entwicklungshilfethema sponsoren als einen Bericht über das Championsleagehalbfinale, aber deswegen braucht der Inhalt noch lange keine Lobhudelei auf Wasserfilter zu beinhalten. Erfolgt ein kritischer Bericht auf Initiative eines interessierten Unternehmens, ist der Aufklärung jedenfalls besser gedient wie wenn das entsprechende Thema gar nicht aufgegriffen wird – mit dem Menetekel des sponsored content wird zwar die Finanzierung transparent gemacht, der Beitrag dafür weniger gelesen und wohl auch nicht gleich ernst genommen.
In der Definition der Lauterkeit offenbart sich nicht zuletzt das Bild, das die Hüter der Standards sich von den Leserinnen machen. Ein mündiger Bürger kann womöglich auch dann eine Werbebotschaft von einem recherchierten Bericht unterscheiden, wenn diese nicht als solche plakatiert wird. Man muss sich fragen, ob die Regulierung sich an Konsumenten ausrichten soll, denen es an Urteilsvermögen mangelt. In dem Sinne wird zu verfolgen sein, ob sich die Frage der Lauterkeit nicht von der Ebene der oberflächlichen Kennzeichnung des Beitrag hin zur Einhaltung der journalistischen Standards in seinem Inhalt bewegen könnte. Gesponsorten Inhalt mit gekaufter Beurteilung gleichzusetzen, bedeutet ja, den Autoren die Unabhängigkeit abzusprechen. Da ein inhaltsbasieres Lauterkeitskonzept aber ein Marker für einen liberalen Ansatz wäre, stehen die Zeichen dafür nicht besonders gut.