Seit 2011 führt die Allianz eine jährliche internationale Umfrage unter Risikoexperten für Industrie und Wirtschaft durch, um herauszufinden, welche Unternehmensrisiken zu den wichtigsten zählen. Zu Beginn des Jahres wird die Studie als Allianz Risiko Barometer veröffentlicht. So auch vor einigen Tagen für das Jahr 2020. Mehr als 2700 Führungskräfte, Versicherungsexperten, Makler und Risikomanager aus über 100 Ländern haben zum Ende des Jahres 2019 an der Umfrage teilgenommen.
Die weltweite Gefahrenlage für Unternehmen verändert sich nur leicht
Die Kategorie Betriebsunterbrechungen war in den letzten Jahren immer als größtes Risiko für Unternehmen eingeschätzt worden. Für deutsche Experten bleiben sie auch weiterhin die größte Gefahr für Unternehmen. Firmen verlieren in kürzester Zeit hohe Summen und müssen Gewinneinbußen von beträchtlichem Ausmaß hinnehmen, wenn es zu einer Unterbrechung im Betriebsablauf kommt. Doch weltweit geht in diesem Jahr die größere Gefahr laut 39 Prozent der Experten von Cybervorfällen aus. Betriebsunterbrechungen folgen an zweiter Stelle mit 37 Prozent.
An dritter Stelle folgen sogenannte Veränderungen im Wirtschaftsumfeld mit 27 Prozent der Befragten. Damit sind hauptsächlich politische Veränderungen gemeint, die Auswirkungen auf Unternehmen haben. So hat die Unsicherheit bezüglich eines bevorstehenden Handelskriegs zwischen den USA und China deutlich zugenommen. Zölle und Wirtschaftssanktionen bekommen Unternehmen oft unmittelbar zu spüren. Der Brexit stellt viele europäische Firmen ebenfalls vor neue Herausforderungen.
Hacker sind zum größten Risiko geworden
Laut dem Allianz Risiko Barometer gibt es jedoch einen klaren “Gewinner” im Bereich der Geschäftsrisikos für Unternehmen weltweit: Hacker und von ihnen verübte Cyberattacken stellen die größte Bedrohung dar. In Deutschland stehen Cybervorfälle an zweiter Stelle.
Erpressungen belasten Unternehmen
In der Studie werden dabei alle Cybervorfälle zu “IT Gefahren” zusammengefasst. Innerhalb dieses Bereichs geht die größte Gefahr für Unternehmen von Erpressungen aus. Dass Hacker digitale Sicherheitslücken ausnutzen, um an Firmeninformationen zu kommen, mit denen dann Geldsummen bei den betroffenen Unternehmen eingefordert werden, bereitet vielen mittlerweile größere Sorgen als eine Betriebsunterbrechung.
Viele neue Datenschutzbestimmungen
Viele Unternehmen sehen sich großen Herausforderungen im Bereich der digitalen Welt gegenüber. Neben den genannten Erpressungen lösen Datenlecks, die zu massenhaftem Diebstahl von Daten führen, immer wieder hohe Kosten aus. Hinzu kommen strengere Datenschutzgesetze. Die Bußgelder für die Nichteinhaltung von Datenschutzbestimmungen sind höher denn je, und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben fällt vielen Unternehmen noch schwer.
Betriebsunterbrechungen bleiben ein großes Risiko
Das heißt allerdings nicht, dass die Gefahr durch Betriebsunterbrechungen für Unternehmen abgenommen hätte. Auch hier spielen Cybervorfälle eine große Rolle. Lieferketten sind heutzutage von der Produktion bis zur Einlagerung in Zielunternehmen häufig vollkommen digitalisiert. Ausfälle an einer Stelle im System führen dann zu sofortigen Problemen an anderen Stellen.
Darüber hinaus war 2019 das Jahr der Proteste. Die Arbeitsproteste der Gelbwesten in Frankreich, sowie die eskalierenden Massenproteste in Hongkong und Bolivien betreffen auch Unternehmen. Solche sozialen Unruhen beeinträchtigen zum Beispiel den Tourismus in den jeweiligen Ländern. Hinzu kommen Sachschäden und ungewollte Ladenschließungen. Im Bereich Reisen und Flugverkehr haben viele Streiks von Piloten und Mitarbeitern der Fluggesellschaften zu Einschränkungen geführt.
Immer mehr Unternehmen sehen die Gefahren durch den Klimawandel
Die Folgen des Klimawandels schaffen es in der weltweiten Gesamtwertung mit 17 Prozent der Befragten zwar “nur” auf Platz 7. Damit wird der Klimawandel aber zum ersten Mal in so einer hohen Position als Geschäftsrisiko wahrgenommen. Dass die Gefahr durch den Klimawandel noch nicht so dringlich empfunden wird, wie die anderen genannten Gefahren, könnte daran liegen, dass es sich dabei eher um ein langfristiges Risiko handelt.
Klimawandel ist langfristiges Risiko
Während Cybervorfälle und Betriebsunterbrechungen unmittelbaren finanziellen Schaden anrichten, treten die Folgen des Klimawandels erst später auf. Dennoch hat zum Beispiel VW durch den Diesel Skandal unlängst erlebt, dass mit der Vernachlässigung des Klimaschutzes hohe Kosten verbunden sein können. Auch der mitunter eintretende Imageschaden für Unternehmen spielt eine Rolle.
Dringendere Umweltgefahren
In erster Linie fürchten Unternehmen allerdings durch mögliche Naturkatastrophen eintretende Sachschäden. Extreme Wetterschwankungen und die daraus resultierende Zunahme an nicht einkalkulierbaren Stürmen, Überschwemmungen und Verwüstungen stellen eine Gefahr dar. Darüber hinaus leidet der Nahrungsmittelsektor immer häufiger unter langen Hitze- und Dürrephasen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass sich die Folgen des Klimawandels in den Ländern China, Indien und Australien jeweils unter den ersten drei Plätzen der größten Geschäftsrisikos befinden.
Die größten Gefahren für deutsche Experten
Zwar sind Betriebsunterbrechungen bei den deutschen Befragten weiterhin die größte Risikobelastung für Unternehmen, aber die mögliche Gefahr durch Cybervorfälle nimmt auch hier zu. 55 Prozent der Befragten schätzen Betriebsunterbrechungen als größtes Geschäftsrisiko. Doch mittlerweile gehen auch in Deutschland 44 Prozent der Befragten davon aus, dass eine noch größere Gefahr von Hackern ausgeht.
Veränderungen im Wirtschaftsumfeld belegen in Deutschland den dritten Platz. Deutsche Unternehmen sind vor allem vom bevorstehenden Brexit betroffen. Darüber hinaus sind im Besonderen die deutschen Autobauer der Zollpolitik der USA ausgesetzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Angst vor Bränden als speziellem Risiko zugenommen und findet sich dieses Jahr auf dem vierten Platz.
Quellen
https://www.agcs.allianz.com/content/dam/onemarketing/agcs/agcs/reports/Allianz-Risk-Barometer-2020.pdf
https://www.allianz.com/de/presse/news/studien/200115_Allianz-Risk-Barometer-2020.html