Europol und neun europäische Länder haben eines der weltweit grössten Netzwerke für illegales Streaming offline genommen – und über 22 Millionen Nutzer habe diese Services genutzt. Im Rahmen der «Operation Taken Down» wurden 560 Streaming- und IPTV-Anbieter geschlossen, zahlreiche Verdächtige verhaftet und Server sowie Domains beschlagnahmt. Doch während die Behörden von einem erfolgreichen Schlag gegen Piraterie sprechen, stellen sich viele Nutzern die Frage: Warum sind illegale Streamingdienste überhaupt so beliebt – trotz der Risiken? Die Antwort liegt nicht nur in der Versuchung, kostenlos auf Filme, Serien oder Live-Sport zuzugreifen, sondern auch in den teilweise hohen Preisen legaler Anbieter.
Die Operation “Taken Down”
Die europaweite Polizeiaktion gegen illegales Streaming lief unter dem Namen «Operation Taken Down». Insgesamt waren Behörden aus neun Ländern beteiligt, darunter auch die Schweiz. Ziel war ein Netzwerk aus Streaming- und IPTV-Anbietern, das über 22 Millionen Nutzer mit teils illegalen Inhalten versorgte.
Im Zuge der Ermittlungen wurden 102 Personen als verdächtig identifiziert, elf davon bereits verhaftet. Die Inhalte reichten von regulärem TV-Programm über Pay-TV-Angebote bis hin zu bekannten Streamingdiensten wie Netflix, Disney+, Amazon Prime, Sky, DAZN und Paramount. Verbreitet wurden sie über eigene Plattformen sowie mehr als 500 Reseller.
Bei 112 Hausdurchsuchungen wurden unter anderem 29 Server, rund 100 Domains und 270 weitere Geräte beschlagnahmt. Ausserdem stellten die Behörden Bargeld in Höhe von 40’000 Euro sowie Kryptowährungen im Wert von 1,6 Millionen Euro sicher. Laut Medienberichten erzielte das Netzwerk monatlich rund 250 Millionen Euro Einnahmen.
Mit der Schliessung der 560 Anbieter ist ein grosses Kapitel illegaler Streaming-Aktivitäten in Europa vorerst beendet – ein Schlag, der sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Signalwirkung hat.
Hier geht es zur Pressemeldung von Europol: European law enforcement stops illegal IPTV service providers
Warum ist illegales Streaming so verbreitet?
Illegales Streaming ist enorm beliebt – und das lässt sich aus mehreren Perspektiven erklären.
Die Perspektive illegaler Streaming-Anbieter
Die Motivation der illegalen Anbieter ist kriminell – und trotzdem ein Stück weit nachvollziehbar. Sie profitieren wirtschaftlich immens: das beweisen die Zahlen, die von Einnahmen in Höhe von rund 250 Millionen im Monat sprechen.
Anbieter wissen, dass die Nachfrage nach günstigen, unkomplizierten Streaming-Lösungen hoch ist und nutzen dies gezielt aus. Viele betreiben das Geschäft professionell, mit eigenem Hosting, Reseller-Netzwerken und Marketing – eine kommerzielle Infrastruktur, die dem illegalen Streaming eine überraschende Professionalität verleiht.
Und aus Nutzer-Sicht?
Das Konsumieren illegaler Streaming-Angebote ist übrigens strafrechtlich genauso relevant. Allerdings fällt die Strafverfolgung hier nicht so streng aus – der wirtschaftliche Schaden durch Einzelhaushalte bleibt überschaubar, weshalb professionelle Betreiber viel stärker im Fokus der Behörden stehen.
Überraschend viele Menschen (allein 22 Millionen Nutzer bei dem zerschlagenen Streaming-Netzwerk) greifen auf illegales Streaming zurück. Der Grund dafür ist simpel: diese Dienste erscheinen schlichtweg günstiger. Wer mehrere legale Streamingdienste wie Netflix, Disney+, Sky oder Amazon Prime gleichzeitig nutzen möchte, zahlt schnell mehrere Dutzend bis über hundert Franken pro Monat. Illegale Plattformen versprechen dagegen Zugriff auf alle Inhalte aus einer Hand – zu einem Bruchteil des Preises.
Nutzer-Erfahrungen & Meinungen
Die Reaktionen auf die Pressemeldungen über die Schliessung des illegalen Streaming-Anbieters sind gemischt – und geben einen spannenden Einblick, warum solche Dienste trotz rechtlicher Risiken in der Bevölkerung weiterhin in der Gunst stehen.
„Frust über hohe Preise und viele Abos“
Viele Nutzer fühlen sich durch die Vielzahl an Streamingdiensten und die hohen monatlichen Kosten überfordert. Um alle gewünschten Filme, Serien oder Sportereignisse zu sehen, müssten mehrere Abos gleichzeitig abgeschlossen werden. Für einige ist das schlichtweg zu teuer – ein Grund, warum sie auf alternative, teils illegale Angebote zurückgreifen.
„Fragmentierung und eingeschränkte Verfügbarkeit“
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Fragmentierung der Inhalte. Oft sind einzelne Serien, Sportevents oder Sender nur über bestimmte Plattformen oder Premium-Pakete zugänglich. Inhalte, die aufgrund von Urheberrechten in bestimmten Ländern blockiert sind, erhöhen den Ärger zusätzlich und treiben Nutzer zu Diensten, die alles „aus einer Hand“ anbieten.
„Illegales Streaming als Notlösung“
Viele betrachten illegales Streaming als eine Art Verzweiflungslösung: praktisch, schnell und günstig – obwohl sie sich der rechtlichen Risiken bewusst sind. Die Nachfrage entsteht also nicht nur aus Bequemlichkeit, sondern auch aus Frust über Preisgestaltung und Zugangsbeschränkungen bei legalen Anbietern.
Kommentare auf verschiedensten Seiten zeigen deutlich: Die Beliebtheit illegaler Streamingdienste spiegelt nicht nur ein individuelles Risikoverhalten wider, sondern auch strukturelle Probleme im Markt der legalen Streaming-Angebote – angefangen mit den Preisen bis hin zu regionalen Einschränkungen.
Diskussion & Fazit: Preisgestaltung von Streaming und Alternativen
Dass illegales Streaming nach wie vor derart beliebt ist, hängt eng mit der Preisgestaltung der legalen Anbieter zusammen. Viele Plattformen erhöhen ihre Abo-Preise kontinuierlich, zudem sind Pakete, Rabatte oder Kombi-Angebote oft gar nicht wirklich günstiger. Gerade für Nutzer, die mehrere verschiedene Dienste nutzen wollen, summieren sich die Kosten – ein Frustfaktor, der Piraterie begünstigt.
Regionale Einschränkungen (Geoblocking)
Viele Probleme entstehen durch Geoblocking oder fehlende Lizenzen für Inhalte in der Schweiz. Als Alternative können Nutzer zurückgreifen auf:
- Mediatheken öffentlich-rechtlicher Sender wie SRF, ARD/ZDF (eingeschränkt via VPN), ORF-TVthek oder RTS: bieten kostenlos Serien, Filme und Nachrichten in der Originalsprache.
- Regionale Streaming-Pakete von Schweizer Anbietern wie Teleclub oder Blue TV: Sie bündeln Sport, Serien und Filme und berücksichtigen die lokalen Lizenzrechte. Allerdings nicht kostenlos.
Offizielle Familien- oder Account-Share-Angebote
Früher war es üblich, Streaming-Accounts mit Familienmitgliedern oder Freunden zu teilen. Allerdings haben Anbieter wie Netflix und Disney+ diese Praxis eingeschränkt.
Netflix verlangt seit Mai 2023 in der Schweiz, dass Nutzer, die das Konto mit Personen ausserhalb des eigenen Haushalts teilen, zusätzliche Gebühren zahlen oder den Dienst kündigen. Disney+ verfolgt eine ähnliche Strategie und bietet kostenpflichtige Zusatzoptionen für das Teilen von Accounts an.
Flexiblere Preispakete nutzen
- Werbefinanzierte Angebote: Dienste wie Pluto TV oder Joyn (gratis-Optionen) ermöglichen Inhalte ohne monatliche Gebühr, lediglich mit Werbung.
- Kleinere Einzelabos statt Vollpakete: Manche Plattformen bieten Mini-Abos oder themenspezifische Abos an (z. B. nur Sport oder nur Serien), um die monatliche Belastung zu reduzieren.
- In unserem Beitrag 6 smarte Tipps zum Geld sparen mit KI findest du ebenfalls einige Spar-Tipps, auch zum Thema Unterhaltung & Abos
Technische Alternativen legal nutzen
- VPNs für eigene Abos: Nutzer können einen legalen Abo-Zugang mit VPN nutzen, um auf Inhalte zuzugreifen, die im Rahmen der Lizenzregelung verfügbar sind, ohne gegen das Gesetz zu verstossen.
- Cloud-Recordings & On-Demand: Viele Schweizer TV- und Streaminganbieter bieten Aufnahmemöglichkeiten oder zeitversetztes Streaming, sodass man Inhalte flexibel konsumieren kann.
Zukunftsausblick
Die Diskussion um illegales Streaming wird auch in Zukunft relevant bleiben. Solange Nutzer nach günstigem, einfachem und umfassendem Zugriff auf Filme, Serien und Sport suchen, wird die Nachfrage nach solchen Diensten bestehen.
Anbieter stehen vor der Herausforderung, ihre Preismodelle transparenter, flexibler und nutzerfreundlicher zu gestalten, um legale Alternativen attraktiver zu machen – und an dieser Stelle ist zweifelsohne viel Luft nach oben.