Von Quiet Quitters und Unternehmenskultur als Schlüssel zur Mitarbeiterbindung

Quiet Quitter unzufriedener Mitarbeiter

Still, aber deutlich: Quiet Quitters senden ein Warnsignal. Nicht durch Kündigungen, sondern durch innere Distanz. In vielen Unternehmen ist diese stille Form des Rückzugs längst Realität – vor allem in Firmen, die ohnehin schon mit hoher Fluktuation kämpfen. Aber woran liegt das? Und was können Unternehmen tun, um Mitarbeitende langfristig zu motivieren, statt sie langsam zu verlieren?

Was bedeutet “Quiet Quitting” überhaupt?

Der Begriff “Quiet Quitter” oder als Verb “Quiet Quitting” beschreibt das Phänomen, dass Mitarbeitende zwar physisch anwesend, aber emotional und engagiert kaum noch beteiligt sind. Sie machen „Dienst nach Vorschrift“, übernehmen keine Zusatzaufgaben und identifizieren sich kaum noch mit ihrer Arbeit oder dem Unternehmen.

Es ist traurig, wohin sich die Arbeitswelt in vielen Unternehmen entwickelt hat. Mitarbeitende werden zu Zahlen, zu Funktionen, zu austauschbaren Ressourcen degradiert. Es zählen Ergebnisse, nicht Menschen. Wer keine Widerworte gibt und still leidet, gilt als „verlässlich“. Wer sich überfordert fühlt, soll sich „zusammenreissen“. Unfaire Löhne, unrealistische Leistungsanforderungen, keinerlei Raum für Entwicklung – stattdessen: Druck, Kontrolle, Erschöpfung.

Wer in diesem Klima arbeitet, wird nicht selten innerlich still. Quiet Quitting ist keine Faulheit– es ist meistens ein Schutzmechanismus: gegen Überlastung, gegen mangelnde Wertschätzung, gegen eine toxische oder leistungsorientierte Unternehmenskultur ohne Menschlichkeit.

Warum Mitarbeiterbindung heute schwieriger – aber wichtiger – denn je ist

Die Zeiten, in denen Menschen 30 Jahre im selben Unternehmen bleiben, sind vorbei. Das liegt nicht nur an einem sich wandelnden Arbeitsmarkt, sondern auch an den Bedingungen, die viele Unternehmen selbst geschaffen haben – bewusst oder unbewusst. Mitarbeiterbindung ist heute kein Automatismus mehr. Sie ist eine bewusste Entscheidung. Und sie wird nur dann getroffen, wenn die Arbeitskultur stimmt.

Wer Ziele nicht erreicht, steht unter Rechtfertigungsdruck – unabhängig von den Gründen. Zwischen Deadlines und Quartalszahlen bleibt oft kein Raum für das Menschliche. Ein Lob? Fehlanzeige. Zeit für Reflexion oder Weiterentwicklung? Wird als Luxus angesehen.

Leistungsanforderungen sind in vielen Branchen hoch bis unrealistisch. Es wird vorausgesetzt, dass Mitarbeitende jederzeit erreichbar sind, mit Stress umgehen können und sich selbst organisieren – und zwar perfekt. Gleichzeitig fehlt es an Ressourcen, an klaren Prozessen, an Führung, die diesen Namen verdient. Die Folge: Viele geraten an ihre Grenzen – und bleiben doch still. Wegen der Angst, austauschbar zu sein.

Wer sich entwickeln will, stösst auf Grenzen. Weiterbildungen werden gestrichen, Karriereschritte ausgebremst, Potenziale übersehen. Mitarbeitende werden in Rollen gedrängt, die sie längst über- oder unterfordern, ohne Perspektive auf Veränderung. Dabei ist gerade Entwicklung einer der wichtigsten Faktoren für langfristige Bindung.

Und nicht zuletzt: Wertschätzung ist oft Mangelware. Es fehlt an ehrlichem Interesse, an Empathie, an echter Kommunikation. Mitarbeitende werden wie Zahnräder im System behandelt – dabei wollen sie mehr sein als das. Sie wollen wirken, wachsen, dazugehören.

In einer solchen Kultur entsteht keine Bindung. Sondern Distanz. Erst emotional – dann physisch. Wer sich nicht gesehen, nicht gefördert, nicht ernst genommen fühlt, wird gehen. Oder bleibt – und macht dafür innerlich Schluss. Das Phänomen der „Quiet Quitter“ ist nur die Spitze des Eisbergs.

Hauptgründe für Kündigungen innerhalb der IT-Branche

Die folgenden Erkenntnisse stammen aus dem Randstad Arbeitsbarometer, einer internationalen Studie, die seit 2003 jährlich in mittlerweile 35 Ländern durchgeführt wird. Sie analysiert nationale und globale Trends auf dem Arbeitsmarkt und wird durch zusätzliche Pulse Surveys im Jahresverlauf ergänzt. Befragt werden Erwerbstätige, Selbständige und Arbeitssuchende im Alter von 18 bis 67 Jahren. Die Datenbasis ist solide: Mindestens 500 Interviews pro Land sorgen für belastbare Ergebnisse.

  • Zu niedrige Bezahlung: Trotz guter Auftragslage und wachsendem Fachkräftemangel fühlen sich viele Mitarbeitende finanziell unterbewertet. Der Anteil derjenigen, die deshalb kündigen, ist im Vergleich zum Vorjahr um satte 12 Prozentpunkte gestiegen.
  • Toxische Arbeitsplatzkultur: Gemeint sind damit schlechte Führung, Mobbing, Druck, unrealistische Erwartungen – kurz: eine Atmosphäre, in der Menschen funktionieren sollen, aber nicht Mensch sein dürfen. Das ist mit +16 Prozentpunkten der am stärksten gestiegene Kündigungsgrund im Vergleich zu 2024.
  • Fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Immer mehr Arbeitnehmende verlassen Unternehmen, die keine Rücksicht auf persönliche Bedürfnisse und Lebensmodelle nehmen. Work-Life-Balance ist längst kein Nice-to-have mehr, sondern ein klarer Erwartungswert.
  • Vertrauensverlust in die Unternehmensführung: Erstmals separat erfasst, zeigt sich: Wenn die Führungsetage nicht glaubwürdig, transparent oder authentisch agiert, wirkt sich das direkt auf die Bindung der Mitarbeitenden aus.
  • Nicht gewährte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen: Wer auf Verbesserungsvorschläge oder Anfragen zu flexibleren Arbeitsmodellen, moderner Technik oder klareren Prozessen nur Schweigen erntet, verliert Motivation – und letztlich das Vertrauen ins Unternehmen.

Diese Daten zeigen deutlich: Es sind längst nicht mehr nur Karrierefragen oder Standortwechsel, die Fachkräfte zum Absprung bewegen. Es sind tiefgreifende kulturelle Defizite – und das Gefühl, als Mensch nicht gesehen oder gehört zu werden.

Unternehmenskultur als Schlüssel: So fühlen sich Mitarbeitende wirklich wohl

Eine gesunde Unternehmenskultur ist mehr als ein Buzzword – sie ist einer der zentralen Faktoren für Mitarbeiterbindung, Motivation und letztlich auch für Leistung. Besonders in der IT-Branche, in der der Fachkräftemangel gross ist und gute Mitarbeitende schnell wechseln können, lohnt sich ein genauer Blick auf das, was sie wirklich hält – oder vertreibt.

Die Zahlen des Randstad Arbeitsbarometers zeigen deutlich: Kündigungen erfolgen längst nicht mehr nur aus Karrieregründen oder wegen des Gehalts. Vielmehr spiegeln sie strukturelle Defizite in der Kultur, Führung und Kommunikation wider. Wer diese Probleme ernst nimmt, kann mit gezielten Massnahmen gegensteuern.

Feedbackkultur schaffen – in beide Richtungen

Mitarbeitende wollen wissen, wo sie stehen – aber auch selbst gehört werden. Eine offene Feedbackkultur auf Augenhöhe stärkt Vertrauen, verringert Frustration und hilft, Konflikte früh zu erkennen.

  • Statt klassischem Jahresgespräch (das sich häufig nach Zwang anfühlt und in Massenabfertigung endet) lieber regelmässige kurze Check-ins (z. B. quartalsweise) etablieren
  • Feedback auch „bottom-up“ ermöglichen – etwa anonym über Tools oder durch moderierte Retrospektiven

Sinn vermitteln statt starre Ziele setzen

Ziele sind wichtig – aber sie allein motivieren nicht. Viele Mitarbeitende möchten verstehen, welchen Beitrag ihre Arbeit leistet, für wen sie einen Unterschied macht und welchen übergeordneten Zweck sie erfüllt.

  • Zeige, wie Aufgaben ins grosse Ganze einzahlen
  • Transparenz über Unternehmensziele und Kundenfeedback kann hier enorm helfen
  • gerade in der Projektarbeit oder im Backend-Bereich, wo der Impact oft nicht direkt sichtbar ist

Autonomie statt Mikromanagement

Kontrolle und starre Vorgaben bremsen Kreativität – und wirken wie ein Misstrauensvotum. Wer Verantwortung übernehmen darf, identifiziert sich stärker mit dem Unternehmen.

  • Delegiere bewusst Entscheidungsspielräume
  • Gib Rückendeckung bei Fehlern
  • Feiere mutige Lösungsansätze
  • Vertrauen ist der effektivste Performance-Treiber!

Entwicklung ermöglichen – nicht nur im “Jobtitel”

Laut Randstad-Studie gehören nicht gewährte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu den Top-Kündigungsgründen. Gemeint ist nicht nur das Gehalt, sondern auch die Chance, sich weiterzuentwickeln – fachlich wie persönlich.

  • Etabliere regelmässige Entwicklungsgespräche
  • Biete Micro-Learnings, Projekt-Rotationen oder interne Mentorings an

Mentale Gesundheit ernst nehmen

Fehlende Vereinbarkeit mit dem Privatleben und toxische Kultur sind zentrale Kündigungsgründe. Das zeigt: Wer ständig unter Strom steht oder ein schlechtes Klima erlebt, zieht irgendwann die Reissleine – oder wird “heimlich” zum “Quiet Quitter”.

  • Definiere klare (und realistische!) Regeln für Erreichbarkeit
  • Fördere Pausenkultur
  • Enttabuisiere psychische Belastung
  • Angebote wie Mental-Health-Days, Zugang zu psychologischer Erstberatung oder anonyme Stressbarometer können einen grossen Unterschied machen

Führungskräfte als Kulturträger

Führung entscheidet oft über Bleiben oder Gehen. Besonders toxische Führung (laut Studie ein Grund für 36 % der Kündigungen!) hat direkte Auswirkungen auf das Teamklima.

  • Investiere in Coachings – nicht nur für neue Führungskräfte
  • Schwerpunkte sollten u. a. emotionale Intelligenz, Kommunikation, Feedback und Konfliktmanagement sein
  • Und: Führungskräfte brauchen auch selbst Support!

Faire, transparente Vergütung

Finanzielle Gründe bleiben der Top-Kündigungsgrund (37 %). Intransparentes Gehaltsgefüge oder das Gefühl, für die eigene Leistung nicht fair entlohnt zu werden, führt zu Frust – und Abwanderung.

  • Schaffe nachvollziehbare Gehaltsbänder und kommuniziere sie offen
  • Führe regelmässige Gehaltsbenchmarks durch
  • Anerkenne besondere Leistungen nicht nur mit Worten, sondern auch finanziell

Transparente Unternehmensführung

Vertrauensverlust in die Unternehmensführung war 2025 erstmals ein eigener Kündigungsgrund – mit 28 %. Mitarbeitende wollen wissen, wohin sich ein Unternehmen bewegt, und ob sie sich mit dieser Richtung identifizieren können.

  • Teile strategische Entwicklungen regelmässig und ehrlich – auch in schwierigen Zeiten
  • Erkläre Entscheidungen und beziehe Mitarbeitende in Veränderungsprozesse ein

Nulltoleranz bei toxischer Kultur!

Mobbing, Intrigen oder ein Klima der Angst? Selbst Einzelfälle können eine ganze Kultur vergiften. Und auch „leiser“ Frust von Quiet Quitters kann Teams langfristig zersetzen.

  • Schaffe sichere Meldewege für Beschwerden unter den Mitarbeitenden
  • Reagiere konsequent auf Fehlverhalten – auch bei Leistungsträgern
  • Miss Fach- und Führungskräfte auch an ihrem Beitrag zur Teamkultur, nicht nur am Output

Quiet Quitters erkennen und unterstützen

„Quiet Quitting“ ist oft ein stilles Symptom – für Enttäuschung, Überforderung oder fehlende Perspektiven. Wer einfach nur noch „Dienst nach Vorschrift“ macht, hat meist schon innerlich gekündigt. Doch statt vorschnell zu urteilen, lohnt sich ein genauer Blick: Was fehlt diesen Mitarbeitenden?

  • Achte auf Verhaltensänderungen – Rückzug, sinkendes Engagement, kaum noch Ideen
  • Suche frühzeitig das Gespräch – wertschätzend, ohne Druck
  • Oft lässt sich mit kleinen Veränderungen (z. B. Rollenanpassung, mehr Autonomie oder gezieltem Coaching) viel bewegen
  • Entscheidend ist: Quiet Quitters nicht ignorieren – sondern aktiv begleiten.
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