Cybermobbing – eine Form der digitalen Belästigung, die immer mehr Menschen betrifft. Nicht nur in der Schweiz ist es zu einem wachsenden Problem geworden, das vor allem durch die Anonymität des Internets und die ständige Verfügbarkeit von digitalen Kommunikationskanälen verstärkt wird. Opfer sehen sich wiederholt und systematisch beleidigt, bedroht oder blossgestellt. Leider lassen sich die Täter oftmals nicht leicht zur Rechenschaft ziehen, und der Schaden, den sie anrichten, bleibt dauerhaft sichtbar. Angesichts dieser erschreckenden Entwicklung hat die Schweizer Politik erkannt, dass es an der Zeit ist, dem Cybermobbing mit einem eigenen Gesetz zu begegnen.
Cybermobbing als wachsendes Problem
Cybermobbing bezeichnet die
- absichtliche und wiederholte Belästigung
- Beleidigung
- oder Bedrohung einer Person
über digitale Kommunikationskanäle.
Dabei kann es sich um Beleidigungen in sozialen Medien, Bedrohungen per E-Mail oder auf Online-Plattformen oder auch um das Verbreiten von diffamierenden Inhalten über das Internet handeln. Cybermobbing umfasst also eine breite Palette an schädlichem Verhalten, das Menschen in ihrem digitalen Alltag trifft.
Was das Problem so gravierend macht, ist die Tatsache, dass es sich um eine Form der Belästigung handelt, die fast immer öffentlich und für andere sichtbar ist. Während physisches Mobbing oft in “geschlossenen” Räumen stattfindet, lässt sich Cybermobbing nicht nur schnell verbreiten, sondern auch weltweit und rund um die Uhr ausführen.
Besonders in Zeiten von Social Media und Online-Kommunikationsplattformen, die uns ständig und überall miteinander verbinden, sind die Möglichkeiten, andere zu belästigen oder gar zu bedrohen, beinahe grenzenlos geworden.
In sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Twitter können anonym erstellte Profile und Fake-Accounts genutzt werden, um gezielt Hass und Hetze zu verbreiten. Viele Betroffenen sind hilflos, da sich diese Angriffe in einem öffentlichen Raum abspielen, der für jeden zugänglich ist. Beiträge, Fotos oder Videos, die einmal online gestellt sind, lassen sich oft nicht mehr vollständig löschen – sie bleiben ein bleibender Schatten, der die Opfer weiterhin belastet.
Warum die strafrechtliche Verfolgung schwierig ist
Einer der grössten Hürden bei der strafrechtlichen Verfolgung von Cybermobbing ist die Anonymität, die das Internet bietet. Täter können ihre wahre Identität verschleiern, indem sie Fake-Profile erstellen oder anonyme Accounts nutzen. Dadurch wird es für Strafverfolgungsbehörden äusserst schwierig, den Ursprung von Hassnachrichten oder Beleidigungen zu ermitteln und den Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Auch die Rechtslage ist nicht immer eindeutig. Viele Straftatbestände, wie beispielsweise Beleidigung oder Bedrohung, sind in der realen Welt relativ klar und greifen. Doch in der digitalen Welt verschwimmen diese Grenzen oft, was die Anwendung des bestehenden Strafrechts erschwert. Die Täter sind sich teilweise nicht bewusst, dass ihr Verhalten strafbar ist, oder sie glauben, dass sie aufgrund der Anonymität nicht belangt werden können.
Cybermobbing stellt also eine erhebliche Herausforderung dar, die durch die moderne Technologie und die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren, zusätzlich erschwert wird. Daher wächst auch der Druck, diese Problematik rechtlich besser zu adressieren und den Opfern endlich mehr Schutz zu bieten.
Neuer Gesetzesentwurf gegen Cybermobbing in der Schweiz
Nachdem die Dringlichkeit des Problems erkannt wurde, gab es erste Vorstösse, das Thema Cybermobbing auf politischer Ebene anzugehen. Ein wichtiger Schritt war die parlamentarische Initiative der Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter, die eine gesetzliche Grundlage zur Bekämpfung von Cybermobbing schaffen wollte. Ihr Ziel: Ein eigener Straftatbestand, der auf die digitale Belästigung von Personen abzielt, und somit eine klarere rechtliche Handhabe für Opfer von Cybermobbing bietet.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, das Strafgesetzbuch zu ändern, um Cybermobbing als eigenen Straftatbestand zu verankern. Der Fokus liegt auf der Schaffung eines spezifischen Paragraphen, der die systematische Beleidigung, Bedrohung, Blossstellung oder Belästigung von Personen über digitale Kommunikationskanäle unter Strafe stellt. Diese Form der Belästigung soll künftig klarer und umfassender verfolgt werden können. Damit sollen gezielte Angriffe gegen Einzelpersonen im digitalen Raum stärker geahndet werden.
Im Detail schlägt der Entwurf vor, dass unter Cybermobbing künftig alle Arten von digitaler Belästigung und Bedrohung erfasst werden, die über Internetplattformen wie soziale Netzwerke, Messaging-Dienste oder Foren verbreitet werden. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Wiederholung und die Schwere des Vorfalls gelegt. Der Gesetzesentwurf strebt an, härtere Strafen für Täter zu ermöglichen, die sich der systematischen Belästigung von Personen schuldig machen.
Darüber hinaus soll auch die Verbreitung von diffamierenden oder verleumderischen Inhalten über digitale Kanäle, wie etwa das Veröffentlichen von schädlichen oder privaten Bildern, unter Strafe gestellt werden. Ein weiteres Element, das im Gesetzesentwurf angesprochen wird, ist die Strafbarkeit der Anonymität: Täter sollen zur Verantwortung gezogen werden, auch wenn sie unter Decknamen agieren. Hierbei wird geprüft, inwiefern Plattformen dazu verpflichtet werden können, bei strafrechtlichen Ermittlungen die Identität von Tätern offenzulegen, um so eine Verfolgung zu ermöglichen.
Der Verlauf: Wie ging es bisher voran?
- Dezember 2019: Gabriela Suter reicht die parlamentarische Initiative ein, um Cybermobbing als eigenen Straftatbestand zu etablieren.
- Oktober 2020: Der Nationalrat stimmt der Initiative zu und beauftragt die Rechtskommission, eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten.
- Der Bundesrat gibt eine erste Empfehlung ab, in der er die Schaffung eines neuen Straftatbestandes für Cybermobbing ablehnt, jedoch eine strengere Anwendung bestehender Normen empfiehlt.
- Juni 2023: Der Ständerat nimmt die parlamentarische Initiative an (mit 23 zu 18 Stimmen).
- September 2023: Der Nationalrat stimmt ebenfalls für die Initiative, und die Rechtskommission des Nationalrats beginnt mit der Ausarbeitung der Gesetzesvorlage.
- März 2024: Die Rechtskommission des Nationalrats arbeitet an einer konkreten Gesetzesvorlage zur Umsetzung der Initiative.
Ist-Stand: Der Gesetzesentwurf wird derzeit in der Rechtskommission des Nationalrats geprüft und könnte bald zur Abstimmung im Nationalrat kommen.
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